Diese Frage bekommen wir oft gestellt. Ein Verkäufer oder Dienstleister hat sich durch das gerichtliche Mahn- oder Klageverfahren gequält, um zu seinem Recht zu kommen. Endlich hat er den Titel oder das Urteil in der Hand. Jetzt ist es amtlich. Der Anspruch besteht zu Recht und der Schuldner muss zahlen.
Doch schnell stellt sich Ernüchterung ein, wenn das Geld trotzdem nicht kommt. Und selbst die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers bringt oft nicht den erhofften Erfolg. Grund: Der Schuldner ist zahlungsunfähig und hat wahrscheinlich bereits die Vermögensauskunft abgegeben.
Das ist ärgerlich, zumal die Titulierung und der Gerichtsvollzieher nochmals Geld gekostet haben, auf dem man nun sitzen bleibt.
War das alles unnütz?
Nein, denn die Erwirkung des Titels sichert zumindest schon einmal den Bestand der Forderung über die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren hinaus. Bei titulierten Forderungen beträgt die Verjährungsfrist bis zu 30 Jahre. Die Gerichtskosten sowie eventuelle Kosten für einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen, welche mit der Titulierung beauftragt waren, sind ebenfalls gesichert und stehen auf dem Titel.
Jetzt stellt sich regelmäßig die Frage: Was mache ich mit diesem Titel?
Folgende Möglichkeiten sind denkbar:
1. Titel abheften und warten, bis sich der Schuldner freiwillig meldet.
Natürlich gibt es auch redliche Schuldner, die ein Eigeninteresse daran haben, ihre Schulden abzubezahlen. Aber wir alle wissen: Das ist höchst selten.
Vorteile:
- kein Aufwand, keine Kosten
Nachteile:
- sehr geringe Realisierungschance
2. Immer mal wieder selbst einen Gerichtsvollzieher beauftragen
Das kostet natürlich viel Zeit und vor allem auch Geld. Denn einen Gerichtsvollzieher zu beauftragen macht vor allem Sinn, wenn man die finanzielle Situation des Schuldners einschätzen kann und davon ausgeht, dass der Schuldner nur zahlungsunwillig ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass eine Zwangsvollstreckung schnell ins Leere geht und zusätzliche Kosten verursacht. Sollte einem die Lage des Schuldners unbekannt sein, können durch den Gerichtsvollzieher Informationen zum Schuldner beschafft werden.
Die Gerichtsvollzieherkosten sind zum 1.1.2021 übrigens nochmals gestiegen.
Vorteile:
- keine Fremdkosten für einen Rechtsdienstleister
Nachteile
- Mindestkenntnisse im Zwangsvollstreckungsrecht erforderlich
- Vollstreckungsaufträge sind oft nicht zielführend.
- Kostenaufwand mit jedem neuen Gerichtsvollzieherauftrag
- Ohne das Wissen der aktuellen Adresse des Schuldners läuft ein Gerichtsvollzieherauftrag ins Leere. Die Adressermittlung verbleibt ebenfalls in der eigener Verantwortung.
3. Einen Rechtsanwalt mit der regelmäßigen Zwangsvollstreckung beauftragen
Ein Rechtsanwalt rechnet nach der Rechtsanwaltsgebührenverordnung ab. Er bekommt für jede Maßnahme eine s.g. RVG-Gebühr und zwar unabhängig davon, ob die Zwangsvollstreckungsmaßnahme erfolgreich oder erfolglos war. Sowohl die RVG-Gebühren als auch die Zwangsvollstreckungskosten werden Ihnen bei Nichterfolg in Rechnung gestellt. Diese Kosten erhöhen Ihre Beitreibungskosten also noch einmal. Zwar können die Kosten ebenfalls dem Schuldner gegenüber geltend gemacht werden, aber ob und wann das gelingt, steht in den Sternen. Unabhängig davon kann man sagen, dass die wenigsten Rechtsanwälte ein großes Interesse an derartigen Verfahren haben.
Vorteile:
- Man muss sich nicht selbst kümmern.
- Die Forderung ist in professionellen Händen.
- Bei regelmäßiger Vollstreckung verjähren die Zinsen nicht.
- Im Erfolgsfall zahlt der Schuldner alles und man kann seine komplette Forderung behalten.
Nachteile:
- Jede Vollstreckungsmaßnahme des Rechtsanwalts erhöht wieder die Kosten, wenn der Schuldner nicht bezahlt.
- Rechtsanwälte prüfen oft nicht die aktuelle Bonitätssituation des Schuldners. Das Hauptaugenmerk liegt weniger darauf Zahlungen zu realisieren als darauf, die Verjährung der Zinsen zu hemmen. Dies führt dann alle 3 Jahre zu mehr oder weniger erfolgreichen, aber teuren Zwangsvollstreckungen.
4. Die Forderung zum „Überwachungs-Inkasso“ an ein Inkasso-Unternehmen geben
Einige Inkassounternehmen haben sich auf die Dauerüberwachung von titulierten bzw. ausgeklagten Forderungen spezialisiert. Bei diesem Angebot übernimmt der Inkassodienstleister das komplette Kostenrisiko. Das heißt: Jede Maßnahme, für die er sich entscheidet, geht zu seinen eigenen Lasten. Darunter fallen z.B. die Kosten für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Drittschuldnerermittlungen, Adressermittlungen, dem Bonitätsmonitoring, dem regelmäßigen Telefonkontakt mit dem Schuldner, Erbenermittlungen, etc.
All diese Maßnahmen werden vom Inkassodienstleister genutzt, um beim Schuldner „präsent“ zu bleiben und Zahlungen zu realisieren. Auch das telefonische Aushandeln von Ratenzahlungen oder Vergleichen gehört dazu.
Im Gegenzug für die Übernahme des Kostenrisikos und die Dienstleistung möchte das Inkassobüro im Erfolgsfall über eine vereinbarte Erfolgsprovision mitverdienen. Erfolgsprovisionen liegen im Branchenschnitt bei ca. 50 Prozent der Forderung.
Vorteile:
- Solange keine Zahlung realisiert wird, entstehen keine weiteren Kosten für Sie.
- Die Forderung ist in einer professionellen Dauerüberwachung.
- Die Bonitätssituation wird permanent mitberücksichtigt.
- professionelle Adressermittlung
- Höhere Erfolgsaussichten durch persönlichen Dialog mit dem Schuldner.
- permanente Information über den Fortgang des Verfahrens
Nachteile:
- Das Inkassounternehmen beansprucht im Erfolgsfall eine Erfolgsprovision.
- Das Inkassounternehmen garantiert nicht die Verjährung von Zinsen, da nur in wirtschaftlich sinnvollen Fällen eine Zwangsvollstreckung durchgeführt wird.
- Nicht alle Inkassounternehmen übernehmen Einzelforderungen.
- Die Forderungen müssen i.d.R. gewissen Mindestanforderungen erfüllen, z.B. Forderungshöhe, etc.
Fazit:
Welcher Weg die bessere Lösung ist, um doch noch zum Geld zu kommen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Wer sich gut auskennt und die erforderliche Zeit aufbringen möchte, kann die Forderung selber überwachen. Allerdings muss man für verschiedene Services immer wieder Geld in die Hand nehmen, z.B. für Bonitätsauskünfte und Einwohnermeldeamtsanfragen.
Wer bei seinem angestammten Rechtsanwalt bleiben möchte, sollte regelmäßige Rechnungen für durchgeführte erfolglose Zwangsvollstreckungen mit einkalkulieren.
Bei einem Inkassounternehmen ist gut aufgehoben, wer die Forderung „emotional schon ausgebucht“ hat, keine weiteren Kosten investieren möchte und wem die professionelle Dauerüberwachung und eine möglichst hohe Erfolgsquote wichtig sind.