Als Unternehmer sollten Sie Ihr Geld stets im Blick haben. Ob als Dienstleister oder Verkäufer von Waren – Ihre offenen Forderungen und deren Erfüllung sollten Sie niemals aus den Augen verlieren. Denn wussten Sie, dass Sie mit dem Ablauf der Verjährungsfrist Ihre Ansprüche verlieren können? Das kann für Sie als Unternehmer, aber auch für Ihr Unternehmen an sich weitreichende Folgen haben. Doch wie lange darf und kann man Zahlungsansprüche eigentlich einfordern? In diesem Artikel erklären wir Ihnen, was genau die Verjährung ist, welche Unterschiede es zwischen Hemmung und Neubeginn einer Verjährungsfrist gibt, welche Paragraphen diese Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch festhalten und was sie sonst rund um das Thema Verjährungsfristen bei Forderungen wissen sollten.
Was bedeutet eine Verjährungsfrist bei Forderungen?
Verjährung heißt, dass nach Ablauf einer vertraglich oder gesetzlich festgelegten Frist eine noch offene Rechnung bzw. Forderung vom Gläubiger nicht mehr durchgesetzt werden kann.
Die Forderung selbst besteht über die Verjährungsfrist hinaus. Solange der Schuldner nicht sein Recht nach § 214 BGB auf Einrede der Verjährung geltend gemacht hat, darf der Gläubiger die Befriedigung der Forderungen verlangen.
Die Einrede der Verjährung – was ist das?
Wichtig ist, dass die Einrede nur vom Schuldner selbst oder dessen Vertreter beim Gläubiger geltend gemacht werden darf. Das eine Forderung verjährt ist, muss der Schuldner oder dessen Vertreter selbst feststellen. Sie dürfen den Hinweis, dass die Forderung bereits verjährt ist, nicht von einem Organ der Justiz bekommen. Dies würde eine unzulässige Rechtsberatung darstellen.
Achtung: Wurde die Einrede bereits erhoben, ist die Forderung nicht mehr durchsetzbar, besteht jedoch weiterhin. Fordert ein Gläubiger den Schuldner trotz allem weiterhin auf, kann der Schuldner unter Umständen Unterlassung fordern.
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Wie lang ist die regemäßige Verjährungsfrist?
Welche Länge die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt ist im § 195 BGB zu finden. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass diese Verjährungsfrist nicht bei allen Forderungen gilt. In diesem Fall ist die Verjährung von Forderungen nach drei Jahren gegeben bei:
- Forderungen aus Kaufverträgen,
- Handwerksleistungen,
- Lieferung von Waren,
- Lohn- und Gehaltsansprüchen oder
- Werkleistungen (Werklohn).
Man könnte also sagen, dass Geldforderungen des allgemeinen Geschäftsverkehrs eine regelmäßige Verjährungsfrist haben.
Weitere Verjährungsfristen
Wie bereits beschrieben, gilt die regelmäßige Verjährung nach drei Jahren nicht bei jedem Anspruch eines Gläubigers. Weitere Verjährungsfristen von Forderungen ist beispielsweise die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 197 BGB. Diese gilt für:
- Schadenersatzansprüche, welche aus der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung entstanden sind,
- die Geltendmachung der Herausgabe und dem Herausgabeanspruch selbst aus Eigentum, dinglichen Rechten und bei Erbschaft (siehe §§ 2018, 2130, 2362 BGB),
- rechtskräftig festgestellte Ansprüche (Urteil, Vollstreckungsbescheid),
- vollstreckbare Vergleiche oder Urkunden,
- Ansprüche, welche durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind und
- Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.
Die Verjährungsfrist für Ersatzansprüche aus einer Mietsache oder Leihe wegen Veränderung bzw. Verschlechterung der Sache beträgt nach § 548 BGB sechs Monate. Hier beginnt die Verjährungsfrist ab Rückerhalt der Sache. Ein übliches Beispiel ist durch den Mieter zu vertretende Schäden an der Mietsache. Auch für Fracht- und Speditionskosten gibt es gesonderte Verjährungsfristen. Ab Ablieferung einer Ware beträgt die Verjährungsfrist in diesem Fall, nach § 439 HBG, ein Jahr. Die Verjährungsfrist für kauf- und werkvertraglichen Mängelansprüchen beträgt ab dem Zeitpunkt der Abnahme/Abgabe zwei Jahre. Eine Frist von fünf Jahren gilt unter anderem für Mängelansprüche bei Bauwerken und mangelhaften Einbauten.
Wie Sie sehen, gibt es verschiedene Verjährungsfristen, welche je nach Forderung und Ansprüchen variieren. Achten Sie deshalb stets darauf, die richtigen Verjährungsfristen zu berücksichtigen.
Wann beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist bei Forderungen zu laufen?
Wann die Verjährungsfrist für Forderungen beginnt, ist im § 199 Abs. 1 BGB gesetzlich festgelegt. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, also dem Jahresende, indem:
- der Anspruch entstanden ist
- der Gläubiger den Anspruch bzw. die Ansprüche begründeten Umstände kannte
- Kenntnis darüber hat bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit haben müsste, wer der Schuldner ist
Ist eines dieser 3 Merkmale nicht gegeben, so beginnt die Verjährungsfrist vorerst nicht. Erst in dem Jahr, indem das fehlende Merkmal erlangt wird, beginnt die Verjährung am Jahresende. Für die Feststellung aller 3 Merkmale wurden sogenannte Höchstfristen definiert.
Zu beachten ist hierbei, dass eine Rechnungsstellung für den Beginn der regelmäßigen Verjährung nicht notwendig ist. Der § 217 BGB erklärt hierzu, dass eine Leistung sofort fällig ist, wenn keine Zeit zur Erbringung bestimmt ist oder es aus den Umständen nicht zu entnehmen ist. Ist eine Zeit bereits bestimmt, darf der Gläubiger sie nur nicht vorher verlangen. Der Schuldner könnte sie jedoch bereits vorher erbringen.
Tipp: Beginnt die Frist am Jahresende zu laufen, heißt das im Umkehrschluss, dass die Verjährung auch am 31.12. endet. Ein Gläubiger sollte somit immer vor dem 31.12. eines jeden Jahres prüfen, ob noch offene Forderungen bestehen und ggf. Maßnahmen zur Forderungssicherung einleiten. Dies ist in Unternehmen die Aufgabe der Buchhaltung bzw. des Forderungsmanagements.
Ausnahmen bei Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist
Für die Rechnungen von Ärzten und Tierärzten gilt ebenfalls die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Jedoch besagen der § 12 GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) und § 7 GOT (Gebührenordnung für Tierärzte), dass erst mit Ausstellen einer Rechnung und Fälligkeit des Anspruchs auch die Verjährung einsetzten kann.
Die Verjährungsfrist beginnt hier erst am 31.12. des Jahres, in dem die Rechnung für die erbrachte Leistung fällig geworden ist.
Welche Höchstfristen gelten bei der Verjährung?
Um Rechtssicherheit zu schaffen sind in den §§ 195, 199 BGB-Höchstfristen geregelt. Hier nach sollen Ansprüche unabhängig davon, ob der Anspruchsberechtigte die Anspruchsbegründende Umstände und den Schuldner kennt oder nicht, verjähren.
Für Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren dreißig Jahre nach dem auslösenden Ereignis. Dabei spielen die Entstehung und die Kenntnis der Umstände, der Person des Schuldners oder die grobfahrlässige Unkenntnis keine Rolle.
Andere Schadensersatzansprüche und sonstige Ansprüche verjähren unter den gleichen Grundlagen bereits zehn Jahre nach Entstehung oder dreißig Jahre nach Begehung der Handlung. Maßgeblich ist die früher endende Frist.
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Welche Forderungen verjähren nie?
Verlangen Sie von jemandem ein Unterlassen oder Tun, stellt dies einen Anspruch dar, welcher der Verjährung unterliegt.
Ist der Anspruch aus einem familiären Verhältnis oder einem nicht verjährbaren Verbrechen entstanden, verjährt dieser Anspruch nicht. Dies regelt der § 194 BGB.
Wann verlängert sich die Verjährung von Forderungen?
Der § 202 Abs. 2 BGB sagt hierzu aus, dass auch bei Rechtsgeschäften mit regelmäßiger Verjährungsfrist vertraglich eine längere Frist der Verjährung vereinbart werden darf. Diese darf lediglich 30 Jahre nicht überschreiten.
Eine Mahnung ist nicht ausreichend, um die Verjährung von Forderungen zu verlängern.
Was sind Hemmung und Neubeginn bei einer Verjährung von Forderungen?
Hemmung und Neuanfang bei der Verjährung einer Forderung beziehen sich auf jene Regelungen, die beeinflussen, wie lange eine Forderung geltend gemacht werden kann, bevor sie verjährt ist.
Hemmung der Verjährungsfristen
Führen Schuldner und Gläubiger während der Verjährung nochmals Verhandlungen über den Anspruch oder die begründenden Umstände, sagt der § 203 BGB, dass die Verjährung über diesen Zeitraum gehemmt wird. Die Verjährung kann frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintreten. Die Dauer der Hemmung wird der Verjährung angerechnet (§ 209 BGB).
Der Antrag auf einen Mahnbescheid und die damit einhergehende Einleitung eines Mahnverfahrens, sowie die Eröffnung einer Klage gelten beispielsweise als Hemmung. Wenn Sie mehr Informationen zu Beantragung eines Mahnbescheids benötigen, so haben wir Ihnen hier alle wichtigen Details zusammengestellt. Weitere wichtige Informationen zum Ablauf des Mahnverfahrens finden Sie hier.
Neubeginn der Verjährungsfristen
Im § 212 BGB ist niedergeschrieben, unter welchen Umständen die Verjährung neu beginnt. Ein Neubeginn der Verjährungsfristen erfolgt immer tag-genau und nicht am Ende eines Jahres.
Ein Neubeginn erfolgt, wenn:
- der Schuldner den Anspruch anerkennt (zum Beispiel durch Zahlungen, Sicherheitsleistungen oder schriftlich)
- eine gerichtliche bzw. behördliche Vollstreckungshandlung beantragt/vorgenommen wird
Bei Letzterem tritt der Neubeginn nur dann ein, wenn die Vollstreckungshandlung nicht auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben oder zurückgenommen wird.
Was sind die Voraussetzungen für Hemmung und Neuanfang?
Wichtig ist, dass die Verjährungsfrist von Forderungen nur dann gehemmt werden oder neu beginnen kann, wenn die Frist bereits erstmalig begonnen hat. Für Ihr Verständnis möchten wir Ihnen hier ein Beispiel anführen:
Sie haben eine Ware an Ihren Kunden wie vereinbart am 10.06.2022 geliefert und verlangen nun die Zahlung des Kaufpreises. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt am 31.12.2022. Werden nun in dem Zeitraum vom 10.06. bis 31.12. nochmals Maßnahmen durchgeführt, welche verjährungshemmend wirken oder theoretisch zu einem Neubeginn führen, kann dies nicht berücksichtigt werden, da die Verjährung noch nicht erstmalig begonnen hat.
Das sollten Schuldner wissen
Im § 214 Abs. 1 BGB ist regelt, dass ein Schuldner nach Eintritt der Verjährung, also nach Ablauf der Verjährungsfrist, die Leistung verweigern darf. Dies sollte er dem Gläubiger schriftlich mitteilen und somit die Einrede der Verjährung geltend machen. Die Einrede der Verjährung kann nur vom Schuldner selbst bzw. dessen Vertreter geltend gemacht werden.
Vertreter eines Schuldners können zum Beispiel ein Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin oder andere Stellvertreter mit einer Vertretungsvollmacht sein.
Wichtig ist, dass mit Verjährung des Hauptanspruchs auch die davon abhängigen Nebenleistungen verjähren (§ 217 BGB).
Was passiert mit dem bis dahin Geleistetem?
Auch auf diese Frage hat das BGB im § 214 Abs. 2 eine Antwort. Alles, was zum Ausgleich der Forderung geleistet wurde, kann nicht zurückgefordert werden. Auch, wenn ein Schuldner nicht wusste, dass die Verjährung bereits eingetreten ist, kann er beispielsweise Zahlungen, Sicherheitsleistungen oder Schuldanerkenntnisse nicht zurückfordern. Das gilt selbst dann, wenn die Einrede bereits erfolgt ist.